Eine Leuchtturm-Initiative des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU)


Die mit der Digitalisierung verbundenen strukturellen, technologischen und kulturellen Veränderungen haben schon jetzt erheblichen und tiefgreifenden Einfluss auf unsere Konsumgesellschaft und deren potentielle Ausgestaltung in Richtung Nachhaltigkeit. Mit der Leuchtturm-Initiative "Wege und Bausteine einer digitalen Agenda für nachhaltigen Konsum" reagiert die Bundesregierung im Rahmen der Umsetzung des NPNK auf den genannten Strukturwandel. Zudem ist die Initiative auch im Rahmen der umweltpolitischen Digitalagenda als eine der Maßnahmen zum nachhaltigen Konsum angeführt.

Mit der Leuchtturm-Initiative wollen das BMU und das Kompetenzzentrum systematisch die Querschnittsdimension der Digitalisierung stärken. Gemeinsam mit interessierten Akteur*innen  werden konkrete Lösungsbeiträge für die gesellschaftliche Verwirklichung nachhaltiger Konsummuster und Lebensstile unter Berücksichtigung des digitalen Wandels erarbeitet. Dabei soll insgesamt die "digitale Gestaltungskompetenz" einer Politik für nachhaltigen Konsum verbessert sowie konkrete Handlungsmöglichkeiten in den kommenden Jahren umgesetzt werden.

Bei der Durchführung der hier beschriebenen Aktivitäten werden das BMU und das KNK derzeit von einem Konsortium bestehend aus dem Institut für ökologische Wirtschaftsforschung, ConPolicy – Institut für Verbraucherpolititk und Dr. Gerd Scholl unterstützt.

Die Workshops:

Die Leuchtturm-Initiative wurde im Rahmen eines konstituierenden Workshops am 18.06.2018 aufgesetzt. Gemeinsam mit interessierten Akteur*innen des Netzwerks für nachhaltigen Konsum wurden die Formate und Modi der weiteren Zusammenarbeit konkretisiert. Den Akteur*innen des Netzwerks wird auch für die Dauer des geplanten Vorhabens regelmäßig die Möglichkeit gegeben, aktiv an dessen Ausgestaltung mitzuwirken. 
Ergebnis: Während des Auftakt-Workshops wurden vier Themenfelder identifiziert, welche nun schwerpunktmäßig in dem Projekt und insbesondere in je zwei Entwickler-Workshops bearbeitet werden sollen: 

  1. Nachhaltigkeit im Online-Handel: neue Konsumtrends und Geschäftsmodelle
  2. Algorithmen, Filterblasen, Suchmaschinen: neue Herausforderungen für die Wahrnehmung von Umweltinformationen
  3. Digitale Initiativen für nachhaltigen Konsum
  4. Neue digitale Kompetenzen für Verbraucher*innen

Unter „Entwickler“-WS (EWS) sind Formate gemeint, die aufbauend auf den entwickelten Zielen, Umsetzungsideen und einzubindenden Akteur*innen weitere Konkretisierungen erarbeiten und Priorisierungen zu Maßnahmenideen generieren. Zu den themenbezogenen Workshops werden jeweils relevante Vertreter*innen der Branche, NGO’s, Start-Ups und weitere interessierte eingeladen. Auf Grundlage dieser vielfältigen praktischen Erfahrungen und Insights zu den jeweiligen Herausforderungen des Themenfeldes werden ganz konkrete und relevante Impulse erarbeitet. Die Workshops werden dabei von fachkundigen Moderator*innen angeleitet. Den Problemlösungen wird sich mit innovativen Methoden, wie dem Design-Thinking, genähert.  
 

Nachhaltiges Entscheidungsdesign im Onlinehandel

Inhalt: Der Online-Handel ist ein wichtiges Feld für nachhaltigen Konsum: es entstehen neue Absatzmärkte für nachhaltige Produkte, die Informationsgrundlage für nachhaltigen Konsum verbessert sich und mit Hilfe von Daten und Algorithmen können die Entscheidungsarchitekturen beim Kauf in Richtung Nachhaltigkeit beeinflusst werden. Gleichzeitig ist der nachhaltige Online-Handel von spezifischen Herausforderungen geprägt, wie z. B. längeren Lieferzeiten, höheren Preisen und einer eingeschränkteren Sortimentsauswahl. Ein Ansatz für die erfolgreiche(re) Vermarktung von nachhaltigen Produkten ist das „Nudging“, das auf Deutsch „anstupsen“ bedeutet. Es bezeichnet kleine Anstöße, die ein bestimmtes Verhalten fördern, indem der Kontext gezielt verändert wird, um dadurch das Verhalten zu beeinflussen. In den Workshops wurde das Problemlösungspotenzial von Nudging für nachhaltigkeitsbezogene Herausforderungen des Onlinehandels diskutiert und auf dieser Basis die Idee einer Toolbox für Green Nudges entwickelt.

Ergebnis: Zur Vermittlung von anwendungsorientiertem Wissen über Nudging im digitalen Raum zur Förderung des nachhaltigen Konsums wird ein Webinar konzipiert, umgesetzt und im Anschluss evaluiert. Die Inhalte des Webinars sowie die Erkenntnisse mit Blick auf die Methode sind für das Kompetenzzentrum Nachhaltiger Konsum von Nutzen, um zukünftige Informations- und Netzwerkeangebote zu konzipieren.

Inhalt: Inhalt: Suchmaschinen, Vergleichs- und Buchungsportale oder Online-Shops sind zentrale Schlüsselakteure für nachhaltigen Konsum im Internet: sie haben maßgeblich Einfluss darauf, ob und inwieweit Nachhaltigkeitsinformationen und nachhaltige Produkte im Internet von Verbraucher*innen gefunden werden. Sowohl aus Sicht dieser "Information-Broker" als auch aus Sicht von Verbraucher*innen kommt es deshalb darauf an, ob und inwieweit digitale, sozial-ökologische Produktinformationen verfügbar sind. In der Workshopgruppe wurde deshalb klar herausgearbeitet, dass das Thema "digitale Produktinformationen" im Mittelpunkt der Themenreihe "Algorithmen, Filter und Suchmaschinen" stehen sollte. Es wurden verschiedene Perspektiven auf das Thema sowie bestehende Barrieren und Potentiale hinsichtlich einer verbesserten Verfügbarkeit und Sichtbarkeit digitaler Produktinformationen diskutiert.

Ergebnis: Es entsteht ein Konzeptpapier, dass die zentralen Barrieren und Potentiale zwischen „Datenangebot“ und der „Nutzung und Verfügbarkeit von Daten“ identifiziert sowie mögliche Handlungsempfehlungen zum Abbau dieser Barrieren bzw. zur Förderung der Potentiale aufzeigt. Das Papier soll breit kommuniziert und verfügbar gemacht werden, um die Sensibilität und das Engagement für eine verbesserte Datennutzung zu steigern.

Inhalt: Immer mehr Verbraucher*innen möchten Nachhaltigkeit in ihrem Leben und ihrer Gemeinschaft leben und nehmen Defizite unserer Gesellschaft wahr. Sie vernetzen sich in zivilgesellschaftlichen Initiativen, um den sozial-ökologischen Wandel voranzutreiben. Zivilgesellschaftliche Initiativen sind oft digital konstituiert und können einen großen Mehrwert für die Förderung des nachhaltigen Konsums bringen, indem sie weiteren Verbraucher*innen den nachhaltigen Konsum erleichtern und sich an Aufklärung, Bildung und Informationsverbreitung zu nachhaltigem Konsum beteiligen. Beispiele sind regionale Portale wie wandelbaresdarmstadt.de oder fairlangen.de oder auch die kartevonmorgen.net. Andere Initiativen vernetzen die Initiativen untereinander und bieten ihnen eine Plattform (z.B. wechange.de) oder greifen Forderungen und Vorschläge von Verbraucher*innen auf, wie die Replace Plastic App des Vereins Küste gegen Plastik e.V.  Diese Initiativen leisten wichtige Arbeit in der Verbraucherbildung und politischen Teilhabe, verfügen jedoch oft nicht über genug Ressourcen, um ihre Reichweite zu erhöhen und sich untereinander und mit politischen Akteuren zu vernetzen.
 
Im Workshop wurde gemeinsam mit den Initiativen erarbeitet, welche aktuellen Herausforderungen und Interessen Unterstützung finden können. Es wurden mehrere gemeinsame Anliegen identifiziert, wie etwa die zivilgesellschaftliche Beteiligung an politischen Prozessen und Austausch mit politischen Akteuren zu nachhaltigem Konsum, die Schaffung gemeinsamer digitaler Infrastrukturen sowie die Entwicklung von Plattformen oder Social Media-Auftritten zur Erhöhung der Reichweite.

Ergebnis: Es soll eine Machbarkeitstudie für eine digitale Werkstatt mit zivilgesellschaftlichen Initiativen durchgeführt werden. Die Veranstaltung wird in Absprache mit den beteiligten Initiativen konzipiert, eine Pilotveranstaltung wird durchgeführt, evaluiert und Empfehlungen für eine mögliche Verstetigung dokumentiert. Die digitale Werkstatt soll zwei Module enthalten: im ersten Modul wird durch eine gemeinsame Aktion im digitalen Raum die Sichtbarkeit gesteigert, im zweiten Modul sollen Vorschläge und Empfehlungen gefunden werden, wie die digitale Werkstatt als Veranstaltungsreihe konzipiert werden müsste, um politische Teilhabe für zivilgesellschaftliche Initiativen zu ermöglichen.

Ob und inwieweit die Digitalisierung zur Förderung nachhaltigen Konsums beiträgt, hängt auch von den digitalen Kompetenzen der Verbraucher*innen ab. Wie suchen und bewerten Verbraucher*innen Informationen im Netz? Inwieweit kennen und reflektieren sie digitale Marketingtechniken? Wie nutzen sie digitale Geräte und welche Anwendungen verwenden sie? Welche Rolle spielt dabei Datenschutz? Aufbauend auf einer Exploration relevanter digitaler Kompetenzen für nachhaltigen Konsum, wurden in zwei Workshops Ideen entwickelt und konkretisiert, wie digitale Kompetenzen von Verbraucher*innen gefördert werden können. Beteiligt waren Personen aus privaten, zivilgesellschaftlichen und staatlichen Organisationen, die in der digitalen Bildung und der Verbraucherbildung für nachhaltigen Konsum aktiv sind. Deutlich wurde, dass das Themenfeld bisher erst wenig Berücksichtigung findet. Umgesetzt werden soll deshalb eine Idee, die einen Überblick über digitale Verbraucherkompetenzen für nachhaltigen Konsum gibt und zudem für die Relevanz des Themenfeldes sensibilisiert.

Die Pilotprojekte:

Webseminar „Green Nudges im Online-Handel: Nachhaltigen Konsum einfach machen“


Inhalt: Mit Hilfe von Green Nudges können Kaufentscheidungen zu Gunsten von nachhaltigen Produkten unterstützt werden. Für Betreiber von Online-Shops mit einem nachhaltigen Produktangebot liegen darin die Chancen, ihre Bekanntheit und Reichweite zu erhöhen und die Vermarktung ihres Angebots im eigenen Online-Shop oder auf Online-Marktplätzen zu skalieren. Es existieren viele verschiedene Nudge-Techniken, die auf unterschiedlichen psychologischen Effekten basieren. Die Effektivität dieser Nudges wurde mehrfach in wissenschaftlichen Studien erprobt. Im Zuge der Digitalisierung wurden eine Reihe von digitalen Nudge-Techniken entwickelt, die bereits in vielen Online-Shops Anwendung finden.

Das praxisorientierte Webseminar „Green Nudges im Online-Handel: Nachhaltigen Konsum einfach machen“ richtete sich an Online-Händler*innen, die ihre nachhaltigen Produkte besser auffindbar machen und ihre Kund*innen zu nachhaltigeren Kaufentscheidungen motivieren möchten. Im Webseminar wurden verschiedene wirkungsvolle Green Nudges für nachhaltigen Konsum vorgestellt und diese anhand von praktischen Beispielen veranschaulicht. Außerdem bekamen die Teilnehmenden Tipps für die Umsetzung von Green Nudges im eigenen Unternehmen.

Die Aufzeichnung des Webseminars ist auf dem YouTube-Kanal des Umweltbundesamts zu finden: https://www.youtube.com/watch?v=kzTfUEI8POI   

Empfehlung: Webseminare eignen sich gut für die praxisorientierte Vermittlung von Wissen und Umsetzungsempfehlungen zu nachhaltigem Konsum, insbesondere wenn physische Treffen nicht möglich sind (beispielsweise aufgrund der Covid-19-Pandemie). Die Organisator*innen des Webseminars empfehlen, die Zielgruppe des Webseminars möglichst gezielt anzusprechen und die vorgestellten Inhalte stets mit Forschungsergebnissen zu belegen. 

Inhalt: Verbraucher*innen informieren sich bei Auswahlentscheidungen inzwischen primär über digitale Medien. Daher müssen produktbezogene Umweltinformationen heute digital gedacht werden. Was das konkret heißt und was dafür notwendig ist, ist Gegenstand des Konzeptpapiers mit dem Titel „Förderung des nachhaltigen Konsums durch digitale Produktinformationen: Bestandsaufnahme und Handlungsempfehlungen“. Methodische Grundlage des Konzeptpapiers sind Interviews mit Expert*innen aus Unternehmen, Wissenschaft und Verwaltung sowie eine Analyse von Literatur, Rechtsgrundlagen sowie politischen Vorschlägen. Folgende Leitfragen standen im Mittelpunkt der Untersuchung:

  • Wie kann die Verfügbarkeit von produktbezogenen Verbraucherinformationen im Internet verbessert werden?
  • Wie können Informationsdefizite zu einzelnen Umweltaspekten geschlossen werden?
  • Wie kann das Konzept einer vereinfachenden, bewertenden Produktkennzeichnung digital fortentwickelt werden, etwa auf der Basis eines digitalen Produktpasses?

Das Konzeptpapier wurde am 24. September in einem Workshop mit Stakeholdern aus Unternehmen, Wissenschaft und Umweltverwaltung vorgestellt und diskutiert. Auf Basis der Diskussionsergebnisse wurde das Papier finalisiert. Das Konzeptpapier steht hier zum Abruf.

Empfehlungen: Um die Präsenz von produktbezogenen Umweltinformationen im Internet zu verbessern, sollten Umweltdaten in einem allgemein kompatiblen maschinenlesbaren Format zur Verfügung gestellt werden, und Infrastrukturen wie Produktdatenbanken und Datenschnittstellen sollten einen automatischen Abruf von Informationen ermöglichen. Zur voraussichtlichen Lebensdauer und zur Reparierbarkeit von Produkten sollten Kennzeichnungspflichten nach dem Modell der Energieverbrauchskennzeichnung etabliert werden. Mittel- bis langfristig sollte ein digitaler Produktpass eingeführt werden, durch den zentrale Umweltaspekte auf standardisierte Weise erfasst und bewertet werden können. Die auf diese Weise generierten Umweltinformationen sollten für Verbraucher*innen in einem Erkennungszeichen aufbereitet werden, das in Anlehnung an das EU-Energielabel Transparenz über die Umweltverträglichkeit des gesamten Produktsortiments schafft.

Zivilgesellschaftliche Initiativen und Organisationen sind ein wichtiges Standbein der Förderung nachhaltigen Konsums. Sie tragen zur Bildung und Sensibilisierung für nachhaltigen Konsum bei und bieten praktische Hilfestellungen im Alltag. Zudem sorgen sie für Sichtbarkeit und Anschlussfähigkeit des Themas in unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen. Damit sind sie wichtige Akteure für die Umsetzung des Nationalen Programms Nachhaltiger Konsum der Bundesregierung und der umweltpolitischen Digitalagenda des Umweltministeriums. Die Initiativen stehen durch ihre größtenteils ehrenamtliche Tätigkeit vor einigen Herausforderungen, wie eine begrenzte Reichweite oder Verstetigungs- und Finanzierungsprobleme.

Am 8. Dezember 2020 fand die Veranstaltung „Digitale Werkstatt: Initiativen für nachhaltigen Konsum“  statt. Sie hatte zum Ziel, zivilgesellschaftliche Initiativen in ihrer Arbeit zu unterstützen und Möglichkeiten der Vernetzung, Verstetigung und Reichweitenerhöhung zu diskutieren. In einem Workshop zu Social Media von wandelbaresdarmstadt.de und kartevonmorgen.org ging es um die Erhöhung von Reichweite. Eine Fishbowl mit politischen Akteuren bot zudem einen Diskussionsraum für Fragen rund um politische Förderung. Planung und Konzeption lag beim Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) in Kooperation mit RENN.süd, der kartevonmorgen.org und wandelbaresdarmstadt.de, im Auftrag des Umweltbundesamtes. 

Die Ergebnisse der Digitalen Werkstatt wurden in drei Infografiken dokumentiert.

Die Nutzung von Hard- und Software, Online-Handel oder der Umgang mit Social Media und Suchmaschinen wirken sich auf Umwelt und Gesellschaft aus. Ob ein nachhaltiger Konsum im Kontext einer digitalen Welt gelingt, hängt deshalb auch von den Kompetenzen der Verbraucherinnen und Verbraucher ab. Kompetenzaufbau für nachhaltigen und selbstbestimmten Konsum im digitalen Kontext sollte deshalb auch in der (schulischen) Bildung stärker berücksichtigt werden.

Deshalb werden zwei Webseminare durchgeführt, die Multiplikator*innen im Bildungsbereich dazu anzuregen sollen, die Schnittstelle von Digitalisierung und nachhaltigem Konsum stärker in bestehende Fortbildungsangebote zu integrieren. Neben einem Überblick über zentrale Zusammenhänge im Themenfeld, werden praktische Hinweise zu relevanten Bildungsmaterialien und Akteuren gegeben.

Die Online-Seminare richten sich an öffentliche, zivilgesellschaftliche und private Fortbildungsanbieter, die Fortbildungen für Lehrende in den Bereichen digitale Bildung, Verbraucherbildung und Bildung für nachhaltige Entwicklung organisieren und umsetzen. Ebenfalls richtet sich die Veranstaltung an Lehrer*innen und andere interessierte Akteure aus Bildungsinstitutionen.

 

Web-Seminar Teil 1: Hard- und Software

Zur Aufzeichnung des Webseminars. 

 

Web-Seminar Teil 2: Online-Handel und Marketing

Zur Aufzeichnung des Webseminars.