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Bio-Regionalität und Vergaberecht in der Außer-Haus-Verpflegung

Wenn politisch gewünscht, können Kommunen bei Ausschreibungen zur Gemeinschaftsverpflegung Bio-Kriterien definieren. Dazu gibt es inzwischen viele Beispiele und Tipps. Aber können Leistungsbeschreibungen auch bioregionale Lebensmittel fordern? Die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages haben zu dieser Frage jetzt ein Gutachten erstellt.

Wo in Kommunen, Öko-Modellregionen oder Bio-Musterregionen über mehr Nachhaltigkeit in der Gemeinschaftsverpflegung diskutiert wird, steht das Kriterium der Regionalität meist ebenso im Zentrum wie die Bio-Qualität. Oder kurz gesagt: Wenn Bio, dann muss es auch aus der Region sein. Dies umzusetzen fällt jenen Kommunen leichter, die die Gemeinschaftsverpflegung noch in eigener Regie organisieren.

Das ist jedoch heute eher die Ausnahme als die Regel. In den meisten Fällen vergeben die Kommunen die Gemeinschaftsverpflegung an externe Dienstleister und stehen dann vor der Frage, ob und wie sie die gewünschte "Bio-Regionalität" in Ausschreibungen zur Gemeinschaftsverpflegung verankern können. Die Forderung nach biologischen Lebensmitteln lässt sich dabei ohne vergaberechtliche Schwierigkeiten umsetzen und es gibt dafür bereits viele Beispiele und Erfahrungen. Unter anderem haben die Kommunen des Biostädte-Netzwerkes hier Pionierarbeit geleistet und dazu einen Praxisleitfaden veröffentlicht.

Hürden im Vergaberecht

Aber (Bio-)Regionalität in Vergabeverfahren als Kriterium zu integrieren, bleibt eine harte Nuss. Insbesondere wenn die geplante Ausschreibung ein bestimmtes finanzielles Volumen übersteigt ("Oberschwellenbereich"), gelten im EU-Vergaberecht strenge Regeln zur Vermeidung von Wettbewerbsbeschränkungen. Das Gleichbehandlungsgebot beziehungsweise Gebot der Nichtdiskriminierung verbietet es, lokale Catering-Unternehmen oder Lieferanten von Lebensmitteln zu bevorzugen.

Auch über die Forderung nach Lebensmitteln mit bioregionalen Auszeichnungen wie das "Bio-Zeichen Baden-Württemberg" oder ähnliche Siegel lässt sich das Gleichbehandlungsgebot nicht aushebeln. Wenn Leistungsbeschreibungen regionale Siegel fordern, muss dies immer mit dem Zusatz "oder gleichwertig" versehen werden. Angesichts dieses Dilemmas wünschen sich viele Verantwortliche in Vergabestellen konkrete Tipps, wie sie das Kriterium "Bio-Regionalität" vielleicht doch auf die eine oder andere Art in Leistungsbeschreibungen einbauen können.

Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste

Aufgrund einer parlamentarischen Anfrage haben sich jetzt die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages mit dieser Frage befasst. In der vor kurzem veröffentlichten Ausarbeitung zur "Bio-Regionalität in der Gemeinschaftsverpflegung" beschreiben die Autorinnen und Autoren nochmals die Probleme und juristischen Hürden bei diesem Thema und kommentieren die Möglichkeiten. Im Fazit dieses Gutachtens wird ein Türspalt skizziert, der sich möglichweise bei diesem Thema öffnen ließe: „"Setzt man den Begriff der 'Bio-Regionalität' in der Gemeinschaftsverpflegung mit erhöhter Produktqualität und Umweltschutzförderung gleich, erscheint eine Aufnahme dieses Merkmals in der Leistungsbeschreibung bei EU-weiten Ausschreibungen unter dem Gesichtspunkt der Qualität als auch unter umweltbezogenen Aspekten grundsätzlich möglich. Insbesondere vor dem Hintergrund des vergaberechtlichen Gleichbehandlungsgebots könnte sich jedoch ein zu pauschales Abstellen auf die regionale Herkunft als problematisch erweisen."

Weg über Qualität und Umweltaspekte?

Folgt man dieser Deutung, dann besteht die Herausforderung für die Vergabestellen darin, Vorgaben für die materielle Produktqualität zu formulieren, die rechtskonform sind und gleichzeitig regionale Lebensmittel fördern. "Möglicherweise könnte die Forderung nach saisonalen Lebensmitteln auf dem Speiseplan dafür ein Weg sein", meint der Rechtsexperte Prof. Dr. Christopher Zeiss. Ein anderer denkbarer Weg könnte über umweltbezogene Aspekte führen - wie beispielsweise die Klimabilanz der Produkte. Aber das in der Praxis rechtssicher umzusetzen, bleibt eine schwierige Aufgabe. Der Auftragsbezug und die Kontrolle könnten bei solchen Umweltaspekten problematisch werden. Aus seinen Erfahrungen verweist Prof. Zeiss auf eine Faustregel: "Es sollte nichts vorgeschrieben werden, was nicht auch kontrolliert werden kann." Die Wissenschaftlichen Dienste weichen dieser Frage aus und geben dazu keine konkreten Empfehlungen. Die rechtlichen Aussagen des Gutachtens seien "abstrakt und können nicht pauschal auf die Gestaltung tatsächlicher Vergabeverfahren übertragen werden", heißt es bereits in der Einleitung.

Vergaberecht ändern?

"Am einfachsten wäre es", so der Rechtsexperte Zeiss, "wenn die Politik das europäische Vergaberecht so verändert, dass bei Lebensmitteln beziehungsweise Verpflegungsdienstleistungen Regionalität als Kriterium zugelassen wird". Das hieße: Die EU würde die Verpflegung von Kindern nicht mehr ebenso wie die Lieferung von Computern behandeln. Auch die immer drängendere Forderung nach kürzeren Transportwegen und mehr Klimaschutz ließe sich so besser umsetzen. Das könnte in der politischen Praxis durchaus machbar sein. Zum Beispiel hat Österreich erst vor kurzem in seinem aktuellen Nabe-Aktionsplan ein klares politisches Votum für regionale und biologische Produkte in der Beschaffung formuliert und auch in Frankreich spielt die Herkunft der Bio-Produkte in der Gemeinschaftsverpflegung eine wichtige Rolle.

 

Zum Artikel auf Oekolandbau.de

Gutachten zur Bio-Regionalität in der Gemeinschaftsverpflegung (PDF-Datei)


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