Hobby-Gartenbau: Torffreie und -reduzierte Substrate legen zu - Trends zur Entwicklung der Märkte für Hobbyerden und Kultursubstrate
Die Torfminderungsstrategie des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) sieht vor, im Hobbybereich bis 2026 vollständig und im Erwerbsgartenbau bis 2030 weitgehend auf den Einsatz von Torf in Hobbyerden und Substraten zu verzichten. Das soll zum Klimaschutz beitragen: Torf besteht zu etwa 50 Prozent aus Kohlenstoff, der durch Abbau und gärtnerische Nutzung sukzessive als Treibhausgas CO₂ freigesetzt wird.
Reduzierter Torfeinsatz bei Hobbyerden / Inzwischen weit über 300 torffreie Blumenerden verfügbar
Die vom Industrieverband Gartenbau (IVG) erhobenen Daten zum deutschen Substratmarkt zeigen bei den Hobbyerden einen deutlichen Trend: Lag der Torfanteil in Blumenerden 2019 noch bei 61 Prozent, sank er 2022 auf nur noch 43 Prozent. Die auf Freiwilligkeit setzende Strategie des BMEL scheint hier – nicht zuletzt auch dank des Engagements von Substratindustrie und Handel – aufzugehen: Die Hersteller verwenden zunehmend Torfersatzstoffe wie Grüngutkompost, Holzfasern, Rindenhumus sowie Kokosmark und Kokosfasern.
Auch viele Kunden entscheiden sich inzwischen bewusst für torffreie Produkte. 2022 war gut ein Fünftel der Hobbyerden schon komplett torffrei, auch dies ist ein neuer Höchststand.
Auf https://www.torffrei.info/marktuebersicht-torf-alternativen findet sich eine Marktübersicht mit rund 340 torffreien Blumenerden, auch für Sonderkulturen.
Herausfordernde Situation im Erwerbsgartenbau
Etwas anders sieht es im Profibereich aus. Bei den Kultursubstraten legen die Torfersatzstoffe zwar ebenfalls leicht zu, bei insgesamt steigenden Volumina bleiben die prozentualen Anteile jedoch auf vergleichsweise niedrigem Niveau konstant. Die Gründe dafür sind vielschichtig:
Erdenhersteller und Gartenbaubranche beklagen eine mangelnde Verfügbarkeit preislich attraktiver und qualitativ hochwertiger Torfersatzstoffe. Auch weisen Komposte aus der kommunalen Bioabfall- oder Grüngutsammlung, die ein großes Potenzial für den Torfersatz mitbringen und mengenmäßig noch nicht voll erschlossen sind, mitunter Verunreinigungen durch unerwünschte Fremdstoffe auf. Problematisch ist auch die hohe Konkurrenz um Ersatzstoffe wie Holzfasern und Rinden durch andere Industriezweige.
Einige Sparten wie z. B. die Gemüsejungpflanzenproduktion, die Champignonzucht sowie Baumschulen stellt der Torfausstieg vor besonders große Herausforderungen. Ein vollständiger Ausstieg ist hier bislang schwer vorstellbar.
Kokosfasern und Kokosmark als Torfersatz
Aus gartenbaulicher Sicht stellen Kokosfasern und Kokosmark hochwertige Torfersatzstoffe dar. Aufgrund ihrer hohen Strukturstabilität ist der Einsatz als alternativer Ausgangsstoff in Kultursubstraten bspw. für Baumschulen vielversprechend. Beide Torfersatzstoffe leiden aufgrund unsicherer Produktionsbedingungen jedoch unter einem schlechten Image.
Inzwischen deuten erste Ergebnisse bei der Entwicklung des Systems Horticert zur internationalen Nachhaltigkeitszertifizierung von Torfersatzstoffen (https://www.horticert.org/de) darauf hin, dass Transportemissionen und soziale Aspekte von Kokosprodukten bei entsprechender Zertifizierung sehr gut nachvollziehbar und überprüfbar sind. Umweltbewusste Verwender von Kokosprodukten können zertifizierte Ware daher guten Gewissens verwenden.
Fazit
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Torfminderungsstrategie im Bereich des Hobbygärtnerns erfolgreich ist, auch wenn die Zielstellung des kompletten Ausstiegs aus der Torfnutzung bis 2026 ambitioniert erscheint. Ein Schlüssel zum Erfolgt liegt in der transparenten Verbraucheraufklärung: Pflanzen in torffreier Erde müssen regelmäßiger gedüngt und öfter bewässert werden. Mit dem Wissen zu ihrer richtigen Handhabung bleibt die Akzeptanz für torffreie Erden erhalten. Tipps zum torffreien Gärtnern finden sich auf https://www.torffrei.info/tipps-zum-torffreien-gaertnern.
Im Profibereich sind die Risiken und der wirtschaftliche Druck hingegen ungleich höher. Beim Großteil der deutschen Erwerbsgärtnereien handelt es sich um kleine oder mittelständische Unternehmen und oftmals um Familienbetriebe. Der Umstieg auf gänzlich neue, torfreduzierte bzw. -freie Substrate stellt ein erhebliches Wagnis dar und kann nur schrittweise erfolgen. Viele Betriebe sind vor diesem Hintergrund noch zurückhaltend. Die vom BMEL geförderte Fachinformation für Gartenbaubetriebe (FiniTo) begleitet Gartenbaubetriebe bei der Umstellung (https://projekt-finito.de). Hilfreich wäre zudem, wenn Europa den Torfausstieg gemeinsam angehen würde, um gleiche Voraussetzungen für die Branche in der EU zu schaffen.
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