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Karliczek: Corona-Pandemie verändert Mobilitätsverhalten – jetzt verlässliche Verkehrsangebote machen

Deutschland steuert nach der Corona-Pandemie auf noch schwierigere Verkehrsverhältnisse zu. Wissenschaftler sehen in einer repräsentativen Studie für das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) für die nächsten Monate einen deutlichen Anstieg der Fahrten mit dem Auto, sollte der öffentliche Verkehr das in ihn gesetzte Vertrauen nicht zurückgewinnen.

Forscher des Wissenschaftszentrums Berlin, das die Studie zur Mobilität in Zeiten der Corona-Pandemie leitet, haben aber auch eine breite Bereitschaft festgestellt, Wege nach Möglichkeit mit dem Rad oder zu Fuß zurückzulegen, wenn die Voraussetzungen dafür stimmen.

Bundesforschungsministerin Anja Karliczek sagt hierzu: „Die Bereitschaft der Menschen, im wahrsten Sinne des Wortes neue Wege in der Mobilität zu gehen, ist erfreulich. Wir müssen die Menschen mit attraktiven Angeboten begeistern, diese Bereitschaft auch in die Tat umzusetzen. Attraktiv bedeutet: sicher, sauber und verlässlich. Kurzfristig muss über Maßnahmen für den Gesundheitsschutz versucht werden, das Vertrauen in den ÖPNV wieder zu verbessern. Ansonsten könnten die Belastungen durch Lärm und Abgase wieder steigen.

Mein Haus ist in der Mobilitätsforschung schon lange aktiv. Aktuell erproben wir in 49 Modellstädten neue Wege für eine nachhaltige Mobilität. Dies ist wichtig, um die Klimaschutzziele zu erreichen. Hier kommt dem Verkehrsbereich eine Schlüsselrolle zu. Dafür müssen im Verkehrsbereich auch neue Strategien entworfen worden.“

Hintergrund:

Die MOBICOR-Studie befasst sich mit den Nachhaltigkeits-Auswirkungen des durch die Corona-Pandemie verursachten Mobilitätsverhaltens. In dieser Studie wird über einen dreijährigen Zeitraum ein Vergleich zur Situation vor, während und nach der Corona-Pandemie erfasst. Ein Hauptfokus liegt darauf, was dies für die Nachhaltigkeit der Mobilität bedeutet, welche mittel- bzw. langfristigen Verhaltensänderungen durch die Krise angestoßen, bekräftigt, verstetigt werden beziehungsweise wo es nach der Krise gegebenenfalls Rebound-Effekte gibt.

Das Projekt erhebt quantitative Verkehrsdaten und führt repräsentative Befragungen der deutschen Bevölkerung durch. Daraus werden Empfehlungen zur Unterstützung der Mobilitätswende abgeleitet. Das Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) leitet das Projekt und wird unterstützt von infas (Federführung bei der quantitativen Erhebung), Nuts One (Unterstützung bei den qualitativen Interviews) und Motiontag (App-Erhebung).

Das Forscherteam hat bisher rund 1.000 Menschen im etablierten Erhebungsformat der „Mobilität in Deutschland“ (MID)-Untersuchung befragt und konnte auf diese Weise valide einen Vorher-Nachher Vergleich anstellen. Ergänzend wurden die Mobilitätsmuster einiger Personen mittels digitaler Erhebungstechniken per App zusätzlich erfasst. Die Erhebung ist als Längsschnitt für mindestens drei Jahre geplant und wird durch Stichprobenaufstockungen noch erweitert. Das Projekt wird im Rahmen der systemischen Mobilitätsforschung des BMBF gefördert.

Die ersten Zwischenergebnisse der Untersuchungen zeigen, dass Deutschland während des Lockdowns weitgehend stillstand: Weniger Menschen waren unterwegs (85% auf 60%), die im Tagesschnitt deutlich kürzere Entfernungen zurücklegten (40 km auf 10 km). Das Zufußgehen dominierte das Verkehrsgeschehen bei den Erwachsenen in einem historischen Ausmaß (19% auf 30% Anteil aller Wege). Das Auto geht so anteilig von 59 % aller Wege in einem Durchschnittsmai vor der Pandemie auf etwa 55 % zurück, bleibt aber dennoch das beliebteste Verkehrsmittel. Der öffentliche Verkehr fällt deutlich von 10% auf 6 %. Rund ein Drittel der Befragten gab an, in der nächsten Zeit Bus und Bahn meiden zu wollen. Grund dafür ist die Angst, sich mit dem Corona-Virus anstecken zu können. Der deutschlandweite Anteil des Fahrrades bleibt im Monatsschnitt für den Mai mit 10% gegenüber 12 % etwa stabil. Es zeigt sich aber, dass trotz des generellen Verkehrsrückgangs die absoluten Fahrradstunden in den Nachmittagsstunden angestiegen sind.

Die nächsten Ergebnisse der auf drei Jahre angelegten Studie erscheinen im Juli.

Zur Studie, für deren weiteren Verlauf noch bis zu 50.000 Probanden gesucht werden, steht ab sofort eine eigene App für das Smartphone zur Verfügung. Diese zeichnet das Mobilitätsverhalten der Teilnehmenden auf. Die Daten dienen der Vertiefung der Ergebnisse, so dass auch soziodemographische und regionale Differenzierungen möglich werden. Die App „mobico“ ist frei zugänglich und kann auch unabhängig von der Teilnahme an den Befragungen genutzt werden. Weitere Informationen zur App und zur Beteiligungsmöglichkeit finden sich unter www.infas.de/mobico

 

Zum Download der Studie(PDF)

 


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