Küstenforscher erarbeiten Handbuch zur nachhaltigen Ernährung aus dem Meer
Der Klimawandel hat sich in den vergangenen Jahrzehnten deutlich auf unsere Ernährungsgrundlagen ausgewirkt. Auch für Fische und Meeresfrüchte verschlechtern sich die Lebensbedingungen durch Erwärmung, Sauerstoffmangel und Versauerung des Meerwassers. Viele ihrer Lebensräume gehen verloren, marine Nahrungsnetze werden umstrukturiert und Fischbestände verlagern sich in andere Regionen – nicht zuletzt in Nord- und Ostsee, wo auch kommerziell genutzte Fischarten deutscher Fischereien betroffen sind.
Zusätzlich werden diese Fischbestände durch weitere direkte menschliche Einflüsse wie Nährstoffeinträge, Verschmutzung und wasserbauliche Maßnahmen beeinträchtigt. Die drastischen Bestandseinbrüche bei den Hauptfischarten der westlichen Ostsee, Dorsch und Hering, haben in den letzten 20 Jahren einen starken Rückgang insbesondere der kleinen Küstenfischerei bewirkt.
Ressourcenschonend und klimaneutral
Künftig wird der Klimawandel die Nahrungsmittelproduktion bei gleichzeitig wachsender Weltbevölkerung immer mehr beeinträchtigen. Deshalb erfordert die künftige Ernährungssicherung eine nachhaltige Transformation, die eine ressourcenschonende und klimaneutrale Produktionssteigerung ermöglichen muss. Für Fischerei und Aquakultur bedeutet dies, Treibhausgasemissionen zu vermeiden, negative Klimafolgen zu verringern und neue Potentiale auszuloten und zu nutzen.
Das beste Verhältnis zwischen Nährstoffgehalt und Treibhausgasemissionen haben neben Wildlachs kleinere Fische wie Hering, Makrele und Sardelle sowie kultivierte Muscheln. Größtes Potential einer ressourcenschonenden, klimaneutralen Produktionssteigerung hat die marine Algenzucht. Makroalgen sind nährstoffreich, profitieren vom zunehmenden CO2-Gehalt in den Meeren und tragen durch die Bindung von Kohlendioxid zum natürlichen Klimaschutz bei.
Ein Handbuch für politische Entscheider
In dem Handbuch werden Handlungsfelder für Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Konsumierende abgeleitet. „So können wir alle beispielsweise durch Änderungen im Konsumverhalten – weg vom Aquakulturlachs und Thunfisch, hin zu Hering, Makrele, Sardelle, Muscheln und Algen – zu einer nachhaltigen Nutzung blauer Lebensmittel beitragen“, sagt Autorin Dr. Insa Meinke. Ein weltweit nachhaltiges Fischereimanagement ist dafür von zentraler Bedeutung. Und ihre Umsetzung würde die Erträge langfristig auf einem höheren Niveau stabilisieren und die Widerstandsfähigkeit der Ökosysteme verstärken.
Damit auch in Nord- und Ostsee die Arten, die sich aufgrund des Klimawandels etablieren nachhaltig bewirtschaftet werden können, müssen auch deren Fänge begrenzt und die Fangquoten entsprechend angepasst werden. Dies würde die Akzeptanz der Fischereipolitik und die Widerstandsfähigkeit der Fischbestände stärken, sagt Meinke.
Das Handbuch ist im Rahmen des Forschungsverbundes „Küstenmeerforschung Nordsee-Ostsee“ KüNO III entstanden. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert die Forschung in diesem Verbund seit 2013. Fünf der sechs KüNO-III-Forschungsverbünde weisen inhaltliche Schnittmengen zur Fischerei in Nord- und Ostsee auf. Somit lag es nahe, dieses gesellschaftsrelevante Thema aufzugreifen. Als Projektpartner im KüNO-Dachprojekt CoTrans bündelt das Norddeutsche Küsten- und Klimabüro am Helmholtz Zentrum Hereon projektübergreifend praxisrelevante Forschungsergebnisse.
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