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Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung

Mit Populationsweizen dem Klimawandel trotzen

Wochenlange Dürre oder heftiger Starkregen – mit solchen Wetterextremen haben es Landwirt*innen immer häufiger zu tun. Heterogene Populationen können diese Folgen des Klimawandels abpuffern. Für den Anbau und die Verarbeitung von Populationsweizen macht sich das BÖL-geförderte Projekt BAKWERT stark und trägt damit zu einem nachhaltigeren Ernährungssystem bei.

Auch der Ökolandbau bekommt die Folgen des Klimawandels zu spüren: Mal warten die Bio-Landwirt*innen wochenlang auf den ersehnten Regen, mal ist es über Wochen hinweg zu kalt oder regnet ohne Unterlass. Höchste Zeit, die bei uns angebauten Pflanzen widerstandsfähiger gegen den Klimawandel zu machen. Fachleute sprechen hier von Klimaresilienz. Hierzu bietet es sich an, sogenannte heterogene Pflanzen-Populationen anzubauen. Deren Erbgut ist anders als bei den üblicherweise angebauten Nutzpflanzensorten nicht auf Einheitlichkeit selektiert. So gleicht keine Pflanze im Bestand der anderen. In ihrer enormen genetischen Vielfalt vereinen heterogene Populationen wesentlich mehr Eigenschaften als einzelne Sorten: So gibt es Pflanzen, die viel Nässe vertragen. Andere kommen gut zurecht mit Hitze und Dürre. Dadurch ist für Landwirt*innen das Risiko von Ertragseinbußen oder Ernteausfällen deutlich geringer.

Projekt BAKWERT fördert genetische Vielfalt

Trotz all dieser Vorteile wird Populationsweizen in Deutschland bisher nur im kleinen Stil angebaut. Das gilt auch für Mais und Roggen. Anderswo in Europa ist der Anbau von Populationen dagegen weiter verbreitet: So wird in Großbritannien Populationsweizen in größerem Umfang angebaut, in Italien Hartweizen und in Frankreich - neben Weizen - auch Hafer- und Gerste als heterogene Population.

Forschende der Universität Kassel, das Kompetenzzentrum Ökologischer Landbau Baden-Württemberg (LTZ) und der Verein Die Freien Bäcker wollen den Anbau von Populationsweizen bei uns voranbringen. Im BÖL-Projekt BAKWERT testen sie zusammen mit Bio-Landwirt*innen, Müller*innen und Bäcker*innen den Anbau und die Backeigenschaften des Populationsweizens. Denn nur wenn die Backqualität stimmt, finden sich genug Bäckereien, die das Mehl von Populationsweizen verbacken.

Im BAKWERT-Projekt werden zwei heterogene Winterweizenpopulationen in Nordhessen, Niedersachsen sowie in Baden-Württemberg und Bayern getestet: die Weizenpopulation Brandex von der Forschung & Züchtung Dottenfelderhof und die OpenSource-Population Equality. Die Anbauversuche bestätigten, dass Populationen im Ökolandbau vergleichbare Erträge liefern wie herkömmliche Sorten - dabei aber weniger Schwankungen bei der Backqualität zeigen. Anbau, Ernte und Reinigung waren auch technisch kein Problem für die beteiligten Praxisbetriebe.

Zufriedene Bäcker*innen

Die Mehleigenschaften – egal ob Vollkorn- oder Auszugsmehl – haben in der Bäckerei durchweg überzeugt. „Hin und wieder musste ein Rezept bei einer neuen Mehlcharge angepasst werden, was allerdings in der Natur des handwerklichen Backens mit regionalen Rohstoffen liegt“, erläutert Torsten Siegmeier, der an der Universität Kassel das BAKWERT-Projekt koordiniert. Dabei gehe es um kleine Anpassungen etwa bei der Knetzeit oder der Zugabe der Wassermenge. Populationsweizen kann, so die Erfahrung einzelner Bäcker*innen, nussiger schmecken als andere Mehle.

Die beteiligten Bäcker*innen konnten aus dem Populationsweizen hochwertige Backwaren herstellen. „Während  der von uns organisierten Backkampagne „POP-KRUSTE“ konnten Verbraucher*innen, Krustenbrot und anderen Backspezialitäten aus Populationsweizen probieren. Die Kund*innen waren durchweg begeistert“, so Siegmeier. Im ersten Quartal 2023 wird es übrigens wieder eine solche Kampagne geben, an der bundesweit 14 Bäckereien beteiligt sein werden.

Was Verbraucher*innen tun können

„Entscheidend für den Erzeuger ist es, dass er seine Ernte gut vermarkten kann. Und dafür braucht er die Nachfrage der Bäcker*innen und Verbraucher*innen“, so Siegmeier. Umso wichtiger sei es, dass die Verbraucher*innen lokale Handwerksbetriebe unterstützen. Wer bei einer handwerklich arbeitenden Bäckerei vor Ort einkaufe, könne gezielt nach Populationsweizen fragen. Schließlich haben die Bäcker*innen eine entscheidende Rolle im lokalen Transformationsprozess hin zu anderen Anbauverfahren und Sorten und zu einem nachhaltigen Ernährungssystem.

Hintergrundinformation

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) fördert im Bundesprogramm Ökologischer Landbau (BÖL) das Forschungsprojekt „Bewertung und Akzeptanz heterogener Weizenpopulationen in ökologischen Wertschöpfungsketten“, kurz BAKWERT.


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