Projekt GiBBS im Interview - Biodiversitätsschutz in der Baustoffindustrie?
In der Fördermaßnahme BiodiWert forschen Forschungsverbünde zu den Ursachen des ungebremsten Verlustes von Biodiversität und entwickeln innovative Ansätze zur Erhaltung. Im Fokus steht dabei die Wertschätzung von Biodiversität und Ökosystemleistungen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Insgesamt 17 Projekte starteten im Dezember 2021 in die zweite Förderphase. "GIBBS" ist eins davon. Das Projektteam will Möglichkeiten für ein Ganzheitliches Biodiversitätsmanagement in der Baustoffindustrie zum Schutz der biologischen Vielfalt erschließen.
INTERVIEW
Das Projekt heißt „GiBBS". Wofür steht das Akronym?
Anneli Heinrich: Das Projekt-Kürzel "GiBBS" steht für Ganzheitliches Biodiversitätsmanagement in der Baustoffindustrie.
Das Projekt soll dazu beitragen, Biodiversität besser zu schützen. Wie soll das passieren und wie kamen Sie auf die Idee?
Anneli Heinrich: GiBBS untersucht, wie in aktiven Abbaustätten rohstoffabbauender Unternehmen Tier- und Pflanzenarten geschützt und somit die Biodiversität gefördert beziehungsweise erhalten werden kann. Dass der Abbau von mineralischen Rohstoffen einen erheblichen Eingriff in die Natur bedeutet, ist unbestritten. Es ist jedoch möglich, dass die entsprechenden Unternehmen in ihren Abbaustätten Maßnahmen ergreifen, die es Arten ermöglichen, sich dort anzusiedeln und auch zu verweilen. Diese Standorte können somit besondere ökologische Nischen und Lebensräume für einige spezialisierte Arten bieten.
Flächen in einer Abbaustätte, auf denen aktuell kein Abbau betrieben wird, können etwa „aktiv in Ruhe gelassen werden", das heißt freigelassen und freigehalten werden, damit sich hier Arten ansiedeln können. Hierzu können zum Beispiel Schutzzonen eingerichtet und auch Nist- und Ansiedlungshilfen angebracht werden.
Mit wem arbeiten Sie zusammen und wie kann man sich die Zusammenarbeit vorstellen?
Anneli Heinrich: Das Projekt GiBBS wird vom Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) geleitet und zusammen mit dem Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels (LIB, Museum Koenig Bonn), dem Institut für Landschaftsökologie der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU) und dem Naturschutzbund Deutschland (NABU) im Verbund durchgeführt. Im Rahmen der Monitorings werden die Universitäten von Bürgerinnen und Bürgern, sogenannten Citizen Science Beobachterinnen und Beobachtern unterstützt. Diese werden vom NABU koordiniert. Die Onlineplattform naturgucker.de dient dabei der Netzwerkbildung und inhaltlichen Weiterbildung.
Beteiligt sind außerdem sieben Unternehmen der Baustoffindustrie, der Bundesverband Baustoffe – Steine und Erden (bbs), der Bundesverband Mineralische Rohstoffe (MIRO) und der Bundesverband der Gipsindustrie sowie verschiedene untere und obere Naturschutzbehörden. Unser Projektflyer stellt die Projektbeteiligten und die Aufgabenverteilung im Projekt übersichtlich dar.
Was ist das Neue an dem Projekt und wie wollen Sie vorgehen?
Anneli Heinrich: Das Projekt GiBBS vereint die wissenschaftlich fundierte Erarbeitung von relevanten Erkenntnissen zu dem Themenkomplex Biodiversitätsmanagement in der Baustoffindustrie mit empirischen Ergebnissen aus der Zusammenarbeit mit konkreten Praxispartnern und führt diese in einem Branchendialog mit zahlreichen Akteuren zusammen. Dialog und Austausch werden in GiBBS großgeschrieben. Ein Beispiel ist der genannte Branchendialog, der gemeinsam mit Akteuren aus Wirtschaft, Umweltverbänden und Naturschutzbehörden das Thema Biodiversität in der Branche weiterentwickeln und fördern soll.
Auf der Grundlage von Fallstudien und einer Branchenanalyse entwickelt das IÖW ein Biodiversitätsmanagementkonzept. Die Verbundpartner LIB und WWU führen Monitorings der vorliegenden Arten an den Standorten der sieben Praxispartner durch und werten diese aus. Diese Monitorings werden, wie gesagt, von Ehrenamtlichen begleitet. Diese sogenannten Citizen Science Beobachterinnen und Beobachter erforschen unter Koordination des NABU ebenfalls die Artenvielfalt in den Abbaustätten. Der Einsatz der Bürgerinnen und Bürger soll zum einen ihre Artenkenntnis verbessern, aber auch den Dialog und die gegenseitige Akzeptanz zwischen Abbauunternehmen und Naturschützerinnen und -schützern ausbauen.
Die Erkenntnisse aus diesen Erfassungen münden in die Entwicklung eines systematischen Monitoringkonzepts. In diesem Konzept werden sinnvolle und nutzbare Maßnahmen, Instrumente und Methoden für die gesamte Branche zusammengetragen, die eine Orientierung für Unternehmen und Behörden bieten, etwa für die Umsetzung eines Biodiversitätsmanagements.
Was erhoffen Sie sich von dem Projekt? Was muss passieren, dass Sie am Ende sagen: „Dieses Projekt war erfolgreich"?
Anneli Heinrich: GiBBS war erfolgreich, wenn die vielen beteiligten Akteure ihre Positionen offen darlegen konnten und wir für alle Beteiligten ein brancheweites Konzept entwickeln konnten, das es ermöglicht, Arten an den Abbaustätten mit Hilfe eines effektiven Monitorings zu erfassen und mit umsetzbaren Maßnahmen zu schützen und damit die Biodiversität der Branche insgesamt zu fördern. Dazu soll ein branchenweiter Standard für ein Biodiversitätsmanagement entwickelt werden sowie Orientierung für Unternehmen und Behörden dargelegt werden.
Erfolgreich war GiBBS insbesondere auch dann, wenn unter Beteiligten und Betroffenen Wissen, Austausch und Akzeptanz gefördert werden konnten und das Thema Biodiversität in der Baustoffindustrie insgesamt weiterentwickelt werden konnte. Dies soll gelingen, indem die Beteiligten im Rahmen von GiBBS zu Maßnahmen zur Förderung der Biodiversität, zu Monitorings der Tier- und Pflanzenarten oder zu Biodiversitätsmanagement sensibilisiert werden und viel dazulernen, die Erkenntnisse aber auch diskutiert und evaluiert und im Nachgang der Branche zugänglich gemacht werden.
Weitere Informationen gibt es auf der Projekt-Website.
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