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Rat für nachhaltige Entwicklung

Zirkulär, klimagerecht, begrünt, bezahlbar: Nachhaltigkeitsrat schlägt Maßnahmenpaket für nachhaltige Bau- und Verkehrspolitik vor

In einer Stellungnahme fordert der Rat für Nachhaltige Entwicklung (RNE) die Bundesregierung auf, die hohen Flächen- und Ressourcenverbräuche sowie die klimaschädlichen Emissionen im Bau- und Verkehrssektor einzudämmen. In dem Papier „Nachhaltige Wege in der Stadtentwicklungs-, Bau- und Verkehrspolitik“ schlägt der Rat eine Vielzahl konkreter Maßnahmen für eine ökologisch-soziale Bau- und Verkehrswende vor.

„Die Sektoren Gebäude und Verkehr sind die Sorgenkinder im Klimaschutz und reißen bisher regelmäßig ihre Klimaziele. Auch die Flächen- und Ressourcenverbräuche beider Bereiche sind viel zu hoch“, sagt Reiner Hoffmann, RNE-Vorsitzender. „Gleichzeitig fehlen aktuell fast zwei Millionen bezahlbare Wohnungen, das ist sozialer Sprengstoff. Hier kann und darf die Antwort aber nicht nur im Neubau liegen. Die Bundesregierung muss jetzt die Weichen auf Umbau, Sanierung und die bessere Nutzung des bestehenden Wohnraums stellen. Förderprogramme müssen konsequent auf Nachhaltigkeit ausgerichtet werden. Im Verkehrssektor muss aus Sicht des RNE das ÖPNV-Angebot ausgebaut und verbessert werden, um den Menschen den Umstieg auf nachhaltige Mobilitätsformen zu erleichtern – gleichzeitig müssen umweltschädliche und teure Subventionen wie die Pendlerpauschale oder das Dienstwagenprivileg gestrichen werden.“

Das Ziel der Bundesregierung, unter 30 Hektar pro Tag an Fläche neu zu bebauen, liegt in weiter Ferne und steigt sogar leicht an, zuletzt auf 55 Hektar am Tag (2021), der Großteil für Siedlungen und Verkehrsflächen. Das entspricht der Fläche von etwa 77 Fußballfeldern. Die Versiegelung von Flächen schädigt Böden, begünstigt Hochwasser sowie die Überhitzung in den Städten, durch fortschreitende Zersiedelung nimmt der Verkehr weiter zu. Insbesondere das Flächenrecycling der etwa 150.000 Hektar Brachflächen in Deutschland bietet hier enormes, bisher ungenutztes Potenzial. Auch beim Rohstoffeinsatz fallen Bau- und Verkehrssektor wesentliche Rollen zu. 90 Prozent der in Deutschland geförderten mineralischen Rohstoffe werden verbaut. Gleichzeitig verursacht der Bausektor über die Hälfte des deutschen Abfalleinkommens. Zirkuläres Bauen muss daher aus Sicht des RNE zum Standard werden. Die Bundesregierung sollte hierfür u.a. konkrete Ziele für die die Senkung des Primärrohstoffverbrauchs vorgeben (siehe auch RNE-Stellungnahme Zirkuläres Wirtschaften: Maßgebliche Voraussetzung für eine nachhaltige Transformation, Mai 2023 (PDF)). Förderprogramme sollten sich ausschließlich auf Projekte mit hohen Nachhaltigkeitsstandards sowie mit Fokus auf Innenentwicklung und Bestandsnutzung konzentrieren.

Im Verkehrsbereich mahnt der RNE weitere Anstrengungen jenseits der Antriebswende an. Denn die Elektrifizierung der Fahrzeugflotte ist insbesondere hinsichtlich der Batterien sehr ressourcenintensiv, gleichzeitig frisst die Zunahme im PKW-Bestand und im Straßen-Gütertransport technologische Effizienzsteigerungen auf (sog. Rebound-Effekt). Katja Dörner, RNE-Mitglied und Oberbürgermeisterin der Stadt Bonn: „Die derzeitige Verkehrspolitik des Bundes orientiert sich zu sehr am Auto. Hier muss dringend nachjustiert werden – hin zu Klima- und Umweltschutz, aber auch Sicherheit, Barrierefreiheit, Gesundheit und Bezahlbarkeit als Leitziele für die Verkehrspolitik. Daher brauchen wir auch eine Generalüberholung des veralteten Bundesverkehrswegeplans. Der Ausbau der Schiene muss Priorität bekommen, bis 2030 sollte der Anteil von Bahn, ÖPNV, Fuß- und Radverkehr in großen Städten bei mindestens 75 Prozent liegen.“

Der Rat schlägt im Papier eine Vielzahl weiterer konkreter Maßnahmen für die Bau- und Verkehrswende vor. Im Sektor Bauen und Gebäude zählen dazu neben dem Fokus auf die Modernisierung im Bestand und einer konsequenten zirkulären Bauwirtschaft beispielsweise die Entbürokratisierung von Planungsverfahren, Leitfäden für Kommunen, eine Musterumbauordnung, strengere und effektivere Mieterschutzregelungen (z.B. Eindämmung der Spekulation mit Wohnraum und Wiedereinführung der Wohngemeinnützigkeit), die Erschließung von Innenstadtpotenzialen (z.B. Umnutzung von Bürogebäuden oder Nutzung von Baulücken) und der Ausbau von Grünflächen als Frischluftschneisen und für den Erhalt der Artenvielfalt.

Für den Verkehrssektor schlägt der RNE u.a. vor, den Bundesverkehrswegeplan durch ein an Umwelt- und Nachhaltigkeitskriterien ausgerichtetes Bundesmobilitätsgesetz zu ersetzen. Kommunen sollten mehr Handlungsspielräume und Experimentiermöglichkeiten für innovative Lösungen im Verkehr bekommen, zum Beispiel bei der Einführung von Tempo 30 oder von Fahrradstraßen.

Pressemitteilung

„Nachhaltige Wege in der Stadtentwicklungs-, Bau- und Verkehrspolitik“ - Empfehlungen und Stellungnahmen des RNE an den Staatssekretärsausschuss für nachhaltige Entwicklung; Berlin, 27.06.2023 (PDF)


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